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„Schwarzhörern" empfiehlt STEREO
monatlich die besten Schallplatten
des „Schwarzmarktes"
Diverse M usiker
KISSED BY A SONG
Dynaudio/In-Akustik, 2 LPs, vinylkatalog.de
Wir kennen sie alle: die Werbefotos,
mit denen Lautsprecherhersteller
ihre Boxen in lichtdurchflutetem,
m o d ern -sach lich em ,k ärg lich
möbliertem, aber höchst elegan-
tem Loft-Ambiente präsentieren.
Und den perfekten Soundtrack
für diese optisch edle, akustisch
jedoch wohl eher unzulängliche
Traumwelt liefert ein von Dynaudio
zusammengestellter Sampler mit
13
Songs aus dem Programm der
In-Akustik. Dass es eher Männer
sind, die ihre hochwertigen Boxen
am liebsten mit feinsten Klang-Pra-
lines vernaschen wollen, merkt
man daran, dass ausschließlich
Sängerinnen auftreten, die den
Hörer gefühlvoll umgarnen. Auch
der Titel der Kompilation, die dem
erfolgreichen Konzept der „Best
Audiophile Voices“-Reihe folgt,
ist verheißungsvoll: „Kissed By A
Song“. Diese Küsse sind zart und
unschuldig, statt heiß und schmut-
zig. Bis auf wenige Ausnahmen
gibt’s seichte bis kitschige Kost,
unter der sich gewiss mancher
echte musikalische Leckerbissen
befindet, die am Stück genossen
jedoch ein leicht schales Gefühl
hinterlässt, wie wenn man zu viel
Süßes schnabuliert hat.
Aber
welche
„Verpackung“!
Die
im
„Direct
Metal
Maste-
ring-Verfahren“
geschnittenen
180
-Gramm-Scheiben der Dop-
pel-LP, für die selbstverständlich
nur die klanglichen Sahnestück-
chen ausgewählt wurden, laufen
mit
45
Umdrehungen und wurden
perfekt gepresst. Im wahrsten
Wortsinn „schöner“ als mit diesen
Schmusescheiben, deren Inhalt
übrigens auch in Form einer auf-
wendig produzierten, klanglich
ebenso ultimativen „HQ“-CD zu
haben ist, kann man „Analog“ und
seine Anlage kaum erleben - egal,
ob über Dynaudio-Boxen oder die
einer anderen Marke.
Matthias Böde
Led Zeppelin
LED ZEPPELIN I, II, III
Atlantic, jeweils 2 LPs, vinylkatalog.de
Über Led Zeppelin noch viele Wor-
te zu verlieren, hieße Eulen nach
Athen zu tragen. Nachdem wir in
der letzten STEREO-Ausgabe Jimmy
Page interviewten, wollten wir uns
nun selbst einen Eindruck von den
Remastern der ersten drei Alben
verschaffen. Zu diesem Zweck ver-
glichen wir die neuen Vinyl-Versio-
nen mit der schlicht „Led Zeppelin“
betitelten LP-Box von
1990
sowie
Pressungen des Labels Classic
Records.
Um es vorwegzunehmen: Ein
eindeutiger Sieger ist bei diesem
Vergleich nicht auszumachen. Die
neuen Vinylscheiben punkten vor
allem mit einem druckvolleren, vo-
luminöseren Bassbereich, was be-
sonders John Paul Jones’ virtuosem
Spiel zugutekommt, aber auch den
anderen Instrumentalisten dieses
wunderbaren Quartetts. Der Ein-
druck des „Wuchtigen“ wird noch
dadurch verstärkt, dass hier am
lautesten überspielt wurde. Zudem
sind bei den neuen Pressungen De-
tails am deutlichsten heraushörbar.
Im Unterschied dazu klingen die
Überspielungen von
1990
heller, of-
fener, was in Grenzbereichen auch
schon mal ins leicht „Schepprige“
kippen kann. Obwohl die Musik-
struktur weniger gut durchhörbar
erscheint, ist die Gesamtbalance
NEUES AUF VINYL
nicht weniger stimmig, im Gegen-
teil: Der Gesang erscheint hier
tonal „richtiger“ als bei den neuen
Fassungen.
Die etwa ein Jahrzehnt alte Clas-
sic Records-Scheibe des dritten
Led-Zep-Albums wurde am lei-
sesten überspielt, und auch sonst
klingen die Songs hier (vergleichs-
weise) am wenigsten spektakulär,
wobei der erdige, relativ hallarme
Sound für sich einnehmen kann.
Fazit: Welche Version am meisten
„anmacht“, hängt letztlich vom
persönlichen Geschmack ab.
In puncto Fertigung lassen die
Neu-Ausgaben der ersten drei Plat-
ten (jeweils mit Klappcover) keine
Wünsche offen: Die Pressung ist
plan und sorgfältig, die Druckqua-
lität der Cover einwandfrei, und auf
den Bonus-LPs kann der Liebhaber
bislang unveröffentlichte Song-Ver-
sionen entdecken.
Andreas Kunz
Oscar Peterson
EXCLUSIVELY FOR M Y FRIENDS
MPS/Edel
6
LPs, erhältlich etwa bei
dacapo-records.de, Preis: zirka 165 Euro
„Jazz auf Vinyl - wohl dem, der
einen Plattenspieler hat“. Dieses
Zitat ist natürlich nicht von uns, die
STEREO setzt bei Ihnen als Leser
dieser Vinyl-Rubrik voraus, dass
Sie einen guten Dreher Ihr Eigen
nennen. Nein, es stammt aus einer
Ausgabe der Wochenzeitung „Die
Zeit“, die so die Wiederveröffentli-
chung der legendären Aufnahmen
„Exclusively For My Friends“ von
Oscar Peterson vorstellt.
Los geht’s mit dem „Action“
betitelten Album, das schon
1963
aufgenommen wurde, aber wegen
Petersons Verpflichtung beim
Verve-Label
fünf Jahre
lang nicht veröffent-
licht werden konnte.
Perfekt
gespielte
swingvolle
Bebop-Nummern
wie „l’ve Got A Crush On You“ oder
„Foggy Day“ werden vom Bassisten
Ray Brown und Schlagzeuger Ed
Thigpen begleitet, ab der zweiten
Seite vom Album Nr.
2
(„Girl Talk“)
übernehmen dann Sam Jones und
Bob Durham, welche Peterson selber
für seine beste Combo hielt. Auf „My
Favorite Instrument“, seinem ersten
Solopiano-Album überhaupt, zeigt
der Kanadier dann, warum er zu den
Größten zählt und diese Box in jede
Sammlung gehört.
Diese sechs Alben samt Klappco-
ver in edler Box stellen den Auftakt
für eine vielversprechende Reihe
von Remastering-Alben aus dem
MPS-Katalog dar, der seit einem
halben Jahr der Edel AG gehört.
Dies ist eine erfreuliche Nachricht
für Jazz-Fans und Klangästheten,
denn auf MPS (Musik Produktion
Schwarzwald
1968
-
1982
) finden
sich gleich einige Weltklasse-Mu-
siker.
Auch die Klangqualität wird von
vielen Liebhabern als überragend
geschätzt. „Solche Aufnahmen
habe ich von mir noch nie gehört“,
soll Oscar Peterson einmal gesagt
haben, „Jetzt klingt mein Klavier
endlich so, wie ich es immer höre,
wenn ich spiele!“ Verantwortlich
zeichnete hierfür SABA-Erbe Hans
Georg Brunner-Schwer, der zwar
erst
1968
MPS gründete, aber seit
Anfang der
6
oer-Jahre fleißig in
den Privaträumen seiner Villa im
Schwarzwald aufnahm - vielleicht
ist hier die Antwort auf die geheim-
nisvolle Aura dieser Serie gegeben,
die weder eine typische Studio-
noch Live-Atmosphäre versprüht.
Für die Neuauflage wurde die
Klangqualität noch einmal verbes-
sert, so Tonmeister Dirk Sommer,
der nicht von Remastering, sondern
lieber von „Refurbishing“ spricht,
also von einer qualitätsgesicher-
ten Überholung. Aus dem Quell-
material, das aus weitgehend gut
erhaltenen Masterbändern und
ersten Kopien besteht, wurde
klangcharakteristisch (fast) nichts
geändert, dieses hat man lediglich
über feinste Analog-Equailizer der
heutigen Tonalität angepasst, in-
dem man zum Beispiel die leicht
bedeckten Klavierpassagen „he-
rauspolierte“. Ein Vergleich mit
den Original-Vinylpressungen war
uns nicht möglich, gegenüber der
SACD-Box aus
2003
klingt das
schwarze Gold aber tatsächlich
ein wenig offener und detailreicher.
Umso mehr freuen wir uns über
die Ankündigung Sommers, dass
Ende des Jahres Veröffentlichungen
von Joe Pass, Ella Fitzgerald und
dann Anfang nächsten Jahres Dizzy
Gillespie folgen werden.
Ilhami DUzgUn
STEREO 8/2014 119